Gut in Étourvy angekommen. Erwähnenswert, weil ich die erste 30 km Etappe geritten bin, und das seit dem 2. April mutterseelenallein mit Santi – und meinem Gott.

An Letzteren zu denken ist reiner Luxus, auch heute am Tag des Herrn. Hier ist es mal gelungen (siehe Kreuz):

Wieder eine sau kalte Nacht. Santi durfte wieder Eis schlecken. Heizung bewahrte uns vor dem Schicksal des in Eis erstarrten Professors in Polanskis „Tanz der Vampire“. Bin etwas später abgeritten, um die doch schon wärmende Sonne im Seinetal abzuwarten. Christas Spezialsocken, Paulis elegante Outdoor-Unterwäsche, zweifach, zwei Pullover, Christas Loop für den Hals und dann der uralte englische Reitermantel darüber. Der Aufwand lohnt, allerdings nur bei Sonnenschein, denn auch die Sonne ist noch relativ kalt. Dass Santi das alles mit der einfachen Outdoor-Decke aushält ... aber es lohnt. Ein- und Aussichten einer Landschaft wie aus einem kitschigen Märchen-Fantasie-Film. Gebrüder Grimm pur.

Die 30 km habe ich um die Mittagszeit unterbrochen, weil eine (wie immer auf der Tour!) gepflegte kleine Parkanlage mit Wiese (Blumen) und sprudelndem Bächlein und großen steinernen Bänken verführte zum Absteigen (elegant, ohne Sattelverriß), der Dame Halfter an, an Baum angebunden mitten in der Wiese, bis jetzt alles gut. Dann bemerkt, dass ich die Ledertasche am Gürtel hinsichtlich Apfel (An Apple a day keeps Michael away!) und Schmierchen schon ihres Inhaltes beraubt hatte. Dafür war die Feldflasche noch mit diesem fiesen Multivitaminzeugs geladen. Und dann der spannende Moment, der fotografisch Gott-sei-Dank nie festgehalten wurde: Aufsteigen ohne jede Hilfe. Und Santi natürlich munter drauf. Das war so schön, mitten in Frankreich ein deutscher Reiter (von der Steinbank in einem öffentlichen Park) gekonnt auf die Stute! Juhuu!

Ehre gerettet, bis zum nächsten Mal. Dann weitere drei Stunden, die atemberaubende Ausblicke auf (fast) richtige Weinberge der Champagne kredenzten. Die letzte Stunde machte allerdings leichte Probleme, weil ich mich wegen blöder Schwindelgeschichten arg nach vorne konzentrieren musste – wohl Konsequenz der kargen Mahlzeit. Hier in unserem mobilen Luxusappartement nach einem von Paul bereiteten vorzüglichen Menue angesichts knallrot untergehender Sonne, alles wieder gut. Hannah und Nora hätten reine Freude goutiert. Ganz komisch ist, dass ich die 40 Tage Fastenzeit inmitten der Champagne und Chablis en face (vielleicht noch 40 km) ohne bleibende Schäden problemlos zu überstehen scheine.

Unterwegs stellen sich jetzt doch zunehmend Glücksmomente minutenweise ein. Meine mentale Weigerung an die nächsten Monate zu denken, an das, was alles noch passieren könnte (und wird), an zu Hause, die Kanzlei, das Schloß etc. pp. bewährt sich. Was soll das denn alles? Ich will mich bei dem da oben bedanken, nicht mehr und nicht weniger.

Der Ausfall von Pauls Handy war nicht ohne, aber alles gut; die Weigerung des Generators wird eben ignoriert. Auch wenn heute wiederum kein einziger Pilger unseren Weg kreuzte, blinken jetzt zunehmend, wenn auch nicht immer da, wo erwartet gelbe Muscheln auf. Hier im Dorf liegt unserem Standort schräg gegenüber die erste erkannte große , sogar renommierte Pilgerherberge Trier – Vézelay „Foyer rural de Grand Secteur, Étourvy“.

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