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„Reina“, eine Königin sei unsere Santi. So die kompetente Meinung des wohl seit Jahrzehnten pilgernden 68-er’s. Sie steht stoisch neben einem ungenutzten Gewerbeabstellplatz inmitten einer wunderbaren saftig grünen Wiese und freut sich ihres Pferdelebens.
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Schwerer Tag. Weit mehr als 30 km. Cizur Menor, uralter Pilgerort am Fuße des berüchtigten Passes El Perdón interessiert mich wegen der über der Kirche flatternden rotweißen Malteserflagge. Unser Geschwisterorden betreibt eine kleine Pilgerherberge gegenüber der Kirche. Genossen haben wir die Gastfreundschaft nicht, weil Pferd und Equipage die dortigen Kapazitäten überstrapaziert hätten. Leider konnte ich einen Stempel nicht ergattern.
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Das Frühstück in Zubiri war heute in der Früh zwar nicht von der gewohnten FJ-Qualität, dafür von lauter Rockmusik untermalt und ziemlich lustig. Santi hatte eine komfortable Koppel unweit der „Tollwutbrücke“ von einem sehr freundlichen baskischen Pferdefreund bekommen. Wir nahmen mit einem öffentlichen Parkplatz vorlieb, da FJ nach netter Diskussion mit Polizistin letztere davon überzeugte, dass unsere Equipage rein garnichts mit dem (verbotenen) bösen Campen zu tun habe. Strom hin, Toiletten her – auch so haben wir gut geschlafen.
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Die ganze Nacht nur Regen. Verstärkt durch das Dach des Campers. Gestern Abend hatte ich zum Essen in das kleine Restaurant eingeladen. Nicht zu fassen, dass es auf einem Campingplatz eine solch vorzügliche Küche gibt. FJ und ich haben ein leckeres Lammgericht mit Rotwein genossen, Champignonsuppe vor und Eis bzw. Pudding danach. Andreas, natürlich, ein halbes Rind. Ein wunderbarer Abend in eigenem Ambiente eines Campingplatzes. Ich lerne tagtäglich dazu und kann FJ immer mehr verstehen, wenn er von seinen Erlebnissen auf seinen Reisen mit der rollenden Villa schwärmt.
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Roncesvalles: 15. August 778. Graf Roland der Bretagne führt die Nachhut des Rückzugs Karls des Großen aus Spanien. Der Feldzug gegen die Mauren war gescheitert. Und dann greifen Basken aus Rache für die Eroberung von Pamplona (angeblich Schutt und Asche) Roland an und vernichten die Truppen des treuen Markgrafen von Cenomanie/Bretagne. Er selbst fällt in heldenhaftem Kampf (gegen die Basken!) ritterlich und heldenhaft mitsamt Olifant (s. Kinski-Verfilmung). Die Rolandsage bildet bis heute die wichtigste Mittelalterliteratur in Frankreich. Wie bei uns Siegfried.
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Grande aventure:
Saint-Jean-Pied-de-Port, baskisch Donibane Garazi, verlassen wir, also Santi und ich, am frühen Morgen, wir sind alle um 6 Uhr aufgestanden, bei Nebel, Wolken, aber gottergeben, was sonst, durch das Stadttor „Porte Notre-Dame“ über die laute Brücke, dann das Spanische Tor bergauf zur Route Napoleon aus dem Städtchen heraus. Laut ist die MA-Brücke, weil sich der Fluss Nive wenige Meter später laut brüllend in das Pyrenäental herabstürzt. Wie auch später überall Handys und immer brave Fragen, ob fotografiert werden dürfe. Völlig ungewohnt, auch die auffällige Freundlichkeit der Leute. Insbesondere der Frauen, die alle Santi zuwinken: un cheval!
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Die Stele von Gibraltar sieht aus wie ein baskischer Grabstein und heißt eigentlich „Chibaltarem“ – zusammentreffen. Drei Pilgerwege vereinigen sich hier kurz vor Saint-Jean-Pied-de-Port, die Via Lemovivensis, die wir gegangen sind, die Via Podiensis und die Via Tourensis.
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Also, hier mitten im bäuerlichen Westen Frankreichs kann ich als Durch-Reiter keinerlei Differenzierungen zwischen freien und Arbeitstagen feststellen. Vom Äußeren ist alles in Ordnung: Die Häuser gepflegt, Gärten sowieso, die Äcker beackert, die Wälder bejagt, die Feldwege asphaltiert – und kaum ein Mensch unterwegs. Gestern die Kirche voll, aber danach sind alle wieder verschwunden, wahrscheinlich zum Essen. Aber das kriegt man von außen nicht mit. Alles angenehm entspannt.
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Der Sonntag ist jetzt Tag des Herrn, ein Ruhetag. Gezwungenermaßen, denn der Regen lässt nicht nach und meine Kleidung ist auch noch nicht ganz trocken von dem gestrigen Parforceritt. Andreas schimpft, weil ich mich um Santis Wohl sorge. Das Pferd steht stoisch im Regenguss, der nicht endet.
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Samstag war heute ein Tag der Prüfung.
Erste Stunde nach Orthez: Abritt im Regen. Santi nicht amüsiert. Erste Stunde durch ländliche, wie immer menschenleere Landschaft: Regen. Zweite Stunde: Regen. Am Horizont keine Hoffnung auf Besserung. Nur Dunkle Wolken unterschiedlicher Farbintensität: Grau bis schwarz. Dritte Stunde: intensiver Regen; Diskussion mit Santi, weil der Wind von Westen, also von vorne bläst. Vierte Stunde: nach längerer Pause vor einem geheimnisvollen (fast) verlassenen Schloss beschließen wir nach Auffutterung des delikaten FJ-Sandwiches, eines der beiden traditionellen Eier und dem Herunterwürgen eines eklig süßen Powerriegels, ein „Must“ von FJ, in die immer düsterer werdenden Regenwolken hineinzureiten.