Die Aufnahme von unserem Standplatz in dem Dorf Sansol im Morgengrauen, Santi am Fressen, noch vor dem Kaffee. Es ist frisch, Andreas meint saukalt, was nicht die allmorgendliche Frage beantwortet, ob lange Unterhose „Mountain Warehouse Extrem Merino“ oder nix. Jeden Morgen ist für mich die Alternative Schwitzen oder Frieren im Beraterkreis zu entscheiden, und damit auch, in welchem Grade abgekämpft mich die Jungs nach sechs Stunden vom Sattel ziehen. Die Entscheidungen waren immer richtig, auch heute, es erstmals ohne „Extrem“ zu wagen. Allerdings scheuerte die Reiterhose, übrigens ein Geschenk von Christina, sodass ich irgendwie für Donnerstag wieder zu Merino tendiere.

Logroño ist wieder eine tolle Riesenstadt. Modern, sauber, klasse. Nur für Santi und mich ungeeignet, weil sich seit dem 13. Jahrhundert doch verkehrstechnisch hier einiges getan hat. Wer hätte das gedacht. FJ! Und so hat es Andreas, Santi und mich wohlbehalten auf einen wunderbaren Campingplatz mit großer Pferdekoppel geleitet. Letzteres hat Andres mittels „Chantal“ bei einem Bauern ausgehandelt. Das ist sein geheimes Übersetzungsprogramm, das tatsächlich super funktioniert.
Heute morgen gab’s, wie immer, kleinere Überraschungen. Während die Jungs locker auf Anhieb diesen wunderbaren Campingplatz fanden, durften Santi und ich tief ins Mittelalter einreiten. Da gibt es Bergdörfer mit einem überwältigenden Charme. Ohne Jakobsweg und dessen Wiederentdeckung in den Siebzigern (durch uns Achtundsechziger) wären diese architektonischen und kunsthistorischen Kostbarkeiten einfach weggetaucht – verloren. Wie so manches wertvolle Haus im Judenviertel von Trier oder die wunderbare Martinsmühle, oder das Neutor oder jetzt ein Haus in Zurlauben, einfach verantwortungslos ausradiert oder verunstaltet.
Und jeder freut sich, winkt, fragt um Lizenz, mit Ausnahme von Santi, weil sie mich die steilen, mit rutschigen Kalksteinplatten gepflasterten, Gassen bis zur Kirche hinauftragen muss. Leider keine Burg, nur wie meist eine Kirche, aber immerhin. Nach Kreuzzeichen als Dank für die glückliche Santi-Ankunft erwarte ich dann von meinem Herrn aber auch den festen Tritt der vier Beine wieder hinunter zum Tor ohne Ausrutscher. Wir Drei verstehen uns wieder prächtig. Meinerseits völlig unverdient.
Auf dem von etwas Nieselregen begleiteten Weg zu einer weiteren Marienkapelle „Virgen de Cuevas“ berührt doch irgendwie die Inschrift: „Benedice al pueblo de Borgota, protege a los peregrinos“. Auch wenn sich die Bitte an „Nuestra Señora“ wendet, kann mein evangelischer Geist nicht unberührt bleiben. Das ist unsere zweitausendjährige unvergleichliche Kultur, von der einige Protestanten meinen, locker 1500 Jahre ignorieren zu dürfen. Ich nicht.
Die Quintessenz des heutigen Tages ist wieder eindrucksvoll. Wieder mit Gottes Hilfe ein kleines Stück weiter. Noch 100 km bis Burgos und noch 650 km bis Santiago de Compostela und morgen ist Ruhetag!

Angesichts der auf dem Berg thronenden alten Renaissancestadt Viana, wo endlich der Sohn von Papst Alexander VI fiel, konnte ich mich mit zwei Bauern, Pensionären, darüber unterhalten, ob meine gefräßige Santi überhaupt und dann wieviel und dann in welchen Abstand vom Jakobsweg das Getreide fressen darf, das ihr ja nun mal nicht gehört! Also zum Tatbestand gehört, dass Santi sich einfach Schrittchen für Schrittchen ins Feld hinein bewegte. Reine Neugier, natürlich. Aber bleiben wir beim mittelalterlichen Recht:

Preisfrage.

  1. Durfte heute Santi Getreide pp. vom Nachbargrundstück des (königlichen, herzoglichen, gräflichen, kirchlichen) Weges in Logroño fressen?
  2. Wenn ja, in welchem Abstand vom Weges-Grundstücksrand?
  3. Darf der Pferdehalter- oder Eigentümer sich mittels eines Werkzeugs, z.B. Sichel bedienen?
  4. Wenn ja, in welchem Umfang?
  5. Wer haftet, wenn Santi auf dem Wege nach Santiago an den (unterstellten) Folgen eines mangelhaften Korns verstirbt oder dem Dumpfkoller anheimfällt.
  6. Welche Verjährungsfristen gelten.
  7. Gilt sächsisches Recht, das des Königsreiches Navarra oder das des Königreichs Kastilien?

Lösungshilfe:

Originalzeichnung von

  • Santi (rechts) und
  • meiner Wenigkeit mit Sichel (rechts) aus dem Rechtsbuch des (nur niederadeligen) Eike von Repkow, 1300.

Auslobung:
Für richtige oder annähernd unfalsche Lösungen werden zu einem noch gelegentlich mitzuteilenden Zeitpunkt im Rittersaal von Schloß Veldenz wertvolle Preise verteilt

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